Was Paare sich vornehmen – und wie sie mit Rückschlägen umgehen können
Der Jahreswechsel wird von vielen als Anlass für einen Neubeginn und gute Vorsätze genutzt – nicht nur individuell, sondern auch als Paar. Viele nehmen sich vor, bewusster an ihrer Beziehung zu arbeiten und neue Ziele zu setzen. Was sind dabei typische Vorsätze, die Paare fassen? Und was tun, wenn die gemeinsamen Pläne scheitern?
Typische Neujahrsvorsätze von Paaren
Wenn um Silvester herum Ideen für Neujahrsvorsätze aufkommen, können typische Themen beobachtet werden, die sich viele Paare vornehmen. Interessanterweise sind dies oft Themen, die regelmäßig in der Paartherapie angesprochen werden. Wir sehen also, dass manche Vorsätze auch über das ganze Jahr hinweg Raum finden. Dazu gehören:
- Mehr gemeinsame Zeit verbringen
Viele Paare wünschen sich, wieder mehr Zeit füreinander zu finden – sei es durch regelmäßige Date Nights, gemeinsame Hobbys oder einfach einen bewussteren Umgang miteinander im Alltag. - Bessere Kommunikation
Das Ziel, Konflikte konstruktiver zu lösen oder häufiger offen über Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen, steht bei vielen Paaren weit oben. - Mehr Intimität und Zärtlichkeit
Ob es um körperliche Nähe oder emotionale Verbindung geht – viele nehmen sich vor, wieder mehr Raum für Romantik, Sex und Leidenschaft zu schaffen. - Alltag gerechter verteilen
Die Balance von Verantwortung, zum Beispiel bei der Hausarbeit oder Kinderbetreuung, ist ein häufiger Vorsatz, vor allem wenn eine*r der Partner*innen das Gefühl hat, mehr Lasten zu tragen. - Langfristige Pläne schmieden
Gemeinsame Lebensziele wie eine größere Reise, ein Umzug, die Familienplanung oder berufliche Veränderungen kommen ebenfalls häufig als Neujahrsvorsatz vor. - Krisen aufarbeiten
Manche Paare nehmen sich vor, alte Konflikte oder Verletzungen endlich anzusprechen und gemeinsam zu heilen – auch der Gedanke an Paartherapie kommt dann auf den Tisch.
Was bei der Umsetzung von Vorsätzen hilfreich ist
In der Forschung gibt es Hinweise darauf, dass sogenannte „Annäherungsziele“ das Wohlbefinden erhöhen können. Annäherungsziele beziehen sich auf das Streben nach positiven Erfahrungen, z. B. Nähe, Intimität oder gemeinsame Freude. Gleichzeitig zeigen Ergebnisse, dass die Ziele einer Beziehungsperson nicht unbedingt die Ziele einer anderen Beziehungsperson beeinflussen müssen. Was hilft also bei der gemeinsamen Zielverfolgung?
- Eine gemeinsame Vision schaffen – dabei hilft klare und offene Kommunikation. Von allen Seiten sollten Wünsche und Erwartungen mitgeteilt werden und eine zufriedenstellende Lösung angepeilt werden. Faule Kompromisse gilt es zu vermeiden.
- Anwendung der SMART-Prinzipien. Das bedeutet, dass Ziele spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert sein sollten.
- Fokus auf gemeinsame Freude (z. B. ein neues Hobby beginnen). Zielformulierungen wie z. B. „Wir wollen weniger streiten!“ in positive Annäherungsziele umwandeln (z. B. besser zuhören und wertschätzen).
Wenn die Vorsätze scheitern: Warum das passiert
Das Leben ist oft unberechenbar, und selbst die besten Absichten können im Alltag ins Stocken geraten. Typische Gründe dafür sind:
- Unrealistische Erwartungen: Vorsätze, die zu groß oder vage sind, scheitern oft an ihrer Umsetzung.
- Stress und Zeitmangel: Der Alltag mit all seinen Verpflichtungen lässt wenig Raum für Veränderung.
- Fehlende Absprache: Einseitige Vorsätze ohne echte Einigung führen zu Frustration.
- Alte Muster: Es fällt schwer, aus gewohnten Dynamiken auszubrechen – selbst, wenn beide den Wunsch nach Veränderung haben.
Was tun, wenn gemeinsame Vorsätze scheitern?
- Rückblick statt Schuldzuweisung
Anstatt sich gegenseitig Vorwürfe zu machen, ist es sinnvoll, die Gründe für das Scheitern gemeinsam zu reflektieren. Fragen Sie sich: Waren unsere Ziele zu hoch gesteckt? Haben wir uns gegenseitig genügend unterstützt? - Ziele neu definieren
Anstatt die Vorsätze ganz aufzugeben, überlegen Sie gemeinsam, wie Sie sie anpassen können. Oft hilft es, kleinere, konkretere Schritte zu definieren. Statt „Wir verbringen mehr Zeit zusammen.“, könnten Sie festlegen: „Jeden Sonntag nehmen wir uns zwei Stunden nur für uns.“ - Routinen und Rituale schaffen
Veränderung gelingt am besten, wenn sie Teil des Alltags wird. Setzen Sie sich wiederkehrende Termine, etwa für ein wöchentliches Check-in-Gespräch oder gemeinsame Aktivitäten. - Den Fokus auf Erfolge legen
Heben Sie hervor, was bereits gut funktioniert hat, anstatt nur auf das zu schauen, was nicht geklappt hat. Positive Rückmeldungen stärken die Motivation. - Unterstützung suchen
Wenn bestimmte Themen immer wieder scheitern – etwa bei der Kommunikation oder Konfliktlösung – könnte eine Paartherapie oder -beratung hilfreich sein. Ein neutraler Blick von außen kann helfen, Muster zu erkennen und durch neue Ansätze zu ersetzen. - Geduld üben
Nicht jede Veränderung gelingt sofort. Manchmal braucht es mehrere Anläufe, um neue Gewohnheiten zu etablieren. Geben Sie sich und Ihrem*Ihrer Partner*in Zeit.
Ein Beispiel aus der Praxis
Ein Paar beschloss, im neuen Jahr mehr Zeit füreinander zu finden und jede Woche gemeinsam zu kochen. Nach einem vielversprechenden Start geriet der Vorsatz schnell ins Stocken, weil die beiden häufig Überstunden machen mussten. Statt aufzugeben, einigten sie sich darauf, den Kochabend auf einmal im Monat zu reduzieren und dafür ihre Wochenenden bewusster zu gestalten – wahlweise mit einem Spaziergang oder einem Filmabend. Diese Anpassung war realistisch und stärkte ihre Bindung.
Scheitern als Teil des Prozesses ansehen
Gemeinsame Neujahrsvorsätze sind eine wunderbare Gelegenheit, die Beziehung zu stärken und neue Impulse zu setzen. Aber: Scheitern gehört dazu und ist kein Grund, sofort aufzugeben. Viel wichtiger ist, wie man damit umgeht – mit Verständnis, Flexibilität und dem Willen, weiterhin an der Beziehung zu arbeiten. Scheitern bedeutet nicht, dass man aufhören sollte. Es bedeutet, dass man einen anderen Weg suchen muss.
Quellen:
- Studie zu Übereinstimmung der Eheziele zwischen Partner*innen und Beziehungsqualität (Li, Liu & Lau, 2024)
- History of SMART objectives (Morrison, 2022)
- Studie zu Wechselwirkungen von Zielen in romantischen Beziehungen (Nikitin et al., 2021)
- Parship-Umfrage zu Ritualen in Beziehungen (2021)
- Morgenpost: Die besten vier Liebesvorsätze fürs neue Jahr (2019)
- Studie zu Vergebung in romantischen Beziehungen und Zufriedenheit (Braithwaite, Selby & Fincham, 2012)
- Fotos: Freepik (racool_studio, wayhomestudio)