Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Weihnachten steht an, und die Suche nach dem perfekten Geschenk für Ihre*n Liebste*n bringt viele kreative Ideen hervor. Mit dabei: der Gedanke, einen Gutschein für eine Paartherapie oder Beziehungsberatung zu verschenken. Zum Beispiel, um die Beziehung zu stärken oder ungelöste Konflikte anzugehen. Aber ist das wirklich eine gute Idee? Lassen Sie uns das einmal genauer betrachten.
Wann ist Paartherapie sinnvoll?
Paartherapie kann in vielen Lebenssituationen eine wertvolle Unterstützung sein. Sie hilft, die Kommunikation zu verbessern, Konflikte zu bearbeiten und gemeinsame Ziele zu definieren und anzugehen. Zu den häufigsten Themen, mit denen Paare in die Beratung kommen, gehören:
- Scheinbar unlösbare Konflikte: Streitereien, die immer wieder um dieselben Themen kreisen, ohne dass eine Lösung gefunden wird.
- Distanz und/oder Wunsch nach Autonomie: Wenn Nähe und Intimität verloren gehen und sich beide Partner entfremdet fühlen – oder eine Person genau das sucht, nämlich mehr Zeit für sich, aber die andere dies bedrohlich findet.
- Lebensveränderungen: Das kann zum Beispiel die Geburt eines Kindes, ein Umzug, eine berufliche Veränderung oder die Pflege von Angehörigen sein.
- Vertrauensbrüche: Nach einer Affäre oder einem Vertrauensverlust können Paare durch eine Therapie Wege zur Versöhnung und Heilung finden.
- Wunsch nach persönlicher und gemeinsamer Weiterentwicklung: Viele Paare möchten nicht erst handeln, wenn es kriselt, sondern schon vorher bewusst an ihrer Beziehung arbeiten.
An diesen Punkten lässt sich bereits erkennen, wieso Paartherapie als Geschenk problematisch sein kann. Paartherapie ist nur dann sinnvoll, wenn alle Beteiligten bereit sind, sich darauf einzulassen. Diese freiwillige Bereitschaft ist der Schlüssel zum Erfolg.
Warum ein Gutschein für Paartherapie problematisch sein kann
Die Idee, Paartherapie zu verschenken, mag gut gemeint sein. Vielleicht haben Sie das Gefühl, dass Ihre Beziehung oder gar die eines befreundeten Paares von professioneller Unterstützung profitieren könnte. Doch hier ist Vorsicht geboten. Eine Einladung für eine Paarberatung muss immer auf einem gemeinsamen, offenen Gespräch basieren und darf nicht wie eine „Diagnose“ oder Aufforderung wirken. Warum?
- Paartherapie setzt Einvernehmen voraus: Die besten Ergebnisse entstehen, wenn alle Parteien sich freiwillig und aus eigenem Antrieb für ein Beratungssetting entscheiden. Ein Gutschein, der ohne Absprache überreicht wird, könnte als Kritik oder gar Angriff wahrgenommen werden.
- Druck und Überrumpelung vermeiden: Ein Geschenk dieser Art könnte das Gefühl erzeugen, dass jemand „repariert“ werden soll. Das führt oft zu Widerstand oder sogar Frustration, statt zur Bereitschaft, gemeinsam an der Beziehung zu arbeiten.
- Der richtige Zeitpunkt ist entscheidend: Selbst wenn Therapie sinnvoll wäre, entscheiden Sie am besten zusammen, wann der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist. Dieser kann nicht durch ein Geschenk erzwungen werden.
Sie haben bereits darüber gesprochen, aber noch nicht so richtig den Mut dazu gehabt, sich um eine*n Paarberater*in zu kümmern? Hier sieht die Lage dann schon anders aus.
Wie kann man das Thema stattdessen ansprechen?
Wenn Sie glauben, dass Paartherapie helfen könnte, sprechen Sie das Thema behutsam und ohne Vorwürfe an. Zum Beispiel so:
„Ich habe darüber nachgedacht, wie wir unsere Beziehung noch schöner und harmonischer machen können. Was hältst du davon, wenn wir uns dabei Unterstützung holen?“
„Mir liegt viel daran, dass wir unsere Konflikte besser gelöst kriegen. Vielleicht könnten wir das zusammen mit professioneller Hilfe in einer Paarberatung angehen?“
Solche Gespräche sind einfühlsamer, finden auf Augenhöhe statt und geben Raum für die Perspektive der Partnerperson. Sollte Ihr*e Partner*in zunächst zögern, ist es wichtig, diese Haltung zu respektieren und nicht zu drängen.
Paartherapie ist wenn dann ein gemeinsames Geschenk
Vermutlich wiederhole ich mich, aber Paartherapie ist dann eine wertvolle Ressource, wenn alle Partner*innen bereit sind, sich darauf einzulassen. Statt einen Gutschein zu Weihnachten zu verschenken, schaffen Sie lieber eine gemütliche Stimmung und laden Sie Ihre*n Partner*in zu einem Gespräch ein, in dem Sie Ihre Wünsche, Hoffnungen und Sorgen offenlegen. Nur durch gegenseitiges Einverständnis und eine gemeinsame Entscheidung kann die Therapie zum Erfolg führen. Falls Sie sich noch unsicher sind, was genau der Unterschied zwischen Paartherapie, -beratung und -coaching ist, können Sie dies in meinem Blog nachlesen. Auch zur Wirksamkeit der Verfahren finden Sie weitere Infos.
Nutzen Sie die Weihnachtszeit, um Ihre Beziehung zu feiern. Schenken Sie sich selbst und Ihrer Beziehungsperson die Freiheit, über den weiteren Weg gemeinsam zu entscheiden. Wenn Sie mehr über Paartherapie erfahren wollen oder eine persönliche Beratung wünschen, kontaktieren Sie mich gerne für einen Termin.
Quellen:
- A Framework for Decision Making in Couples across Adulthood (2015)
- Decision-Making in Couples: It Takes Two to Tango (2020)
- Fotos: Samuel Holt; Pawel Czerwinski, Unsplash